Schule & Bildung

Schule Schweglerstraße, 1920er Jahre, Sammlung BM 15

Die ersten Schulen im Bezirk

Nachdem unter Kaiserin Maria Theresia 1774 die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde, entstanden im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts auch auf dem Gebiet unseres Bezirkes die beiden ersten Schulen. Diese befanden sich in der heutigen Kellinggasse 8 in Sechshaus, bzw. in der heutigen Clementinengasse 27 in Fünfhaus.

 

Diese waren jedoch nicht in eigenen Gebäuden untergebracht, sondern in angemieteten Räumen in Privathäusern. Es handelte sich um sogenannte Trivialschulen, in denen die Kinder vor allem Religionsunterricht erhielten und außerdem notdürftig Lesen, Schreiben sowie die vier Grundrechnungsarten erlernten.

Die Eltern mussten im Gegenzug ein wöchentliches Schulgeld entrichten, das rund um das Jahr 1800 etwa dem Preis für sechs Eier oder zwei Liter Milch entsprach. Eine Summe die sich viele nicht leisten konnten. Da von diesem Schulgeld auch das Gehalt des Lehrers bezahlt wurde, war dieser genötigt die paar Kreuzer notfalls selbst einzutreiben. Ein Umstand, der einem guten Verhältnis zwischen dem Lehrer und den Erziehungsberechtigten nicht gerade zuträglich war.

 

Trotzdem die gesetzliche Schulpflicht verpflichtend vorgesehen war, wurde sie oftmals kaum beachtet. Nach wie vor besuchten nur wenige Kinder die Schule. Dabei spielte nicht nur eine Rolle, dass es vielen Eltern schwerfiel, das wöchentliche Schulgeld aufzubringen. Noch wichtiger war wohl, dass die Familien nicht auf die Arbeitskraft ihrer Kinder verzichten konnten, die entweder in der Landwirtschaft oder als billige Arbeitskräfte in den Fabriken und Handwerksbetrieben bis zu zwölfstündige Arbeitstage absolvieren mussten.

Kinderarbeit und Schulbesuch

Bereits an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert wurde aufgrund wirtschaftspolitischer Reformvorschläge (Kameralismus, Merkantilismus) damit begonnen, zusätzliche Arbeitskräfte aus dem Reservoir der Bettelnden, Vagabundierenden, der verwahrlosten Jugendlichen und aus Armen- oder Waisenkindern zu rekrutieren. Diese wurden für die Arbeit in den Manufakturen eigens ausgebildet. So entstand bereits 1673 in der Leopoldstadt ein "Werk- und Zuchthaus".

 

Für die Manufakturbesitzer war diese Kinderarbeit eine Frage billigerer Produktion, für den Staat erschien sie als wünschenswerte Entwicklung zur Isolation und Korrektion (Besserung) gesellschaftlicher Randgruppen, die als Bedrohung empfunden wurden.

Im Sinne des sich verstärkenden Absolutismus wurde der Standpunkt vertreten, alle Menschen hätten dem Staat durch Fleiß und Arbeit nützlich zu sein. 1724 legte ein Dekret fest, dass Insass*innen von Waisenhäusern den Manufakturen gegen billigen Lohn zur Verfügung gestellt werden sollten. Die ökonomische Bedeutung der organisierten Waisenarbeit für die frühkapitalistische Entwicklung in Wien ist dabei unbestritten.

 

Die unter der Regierungszeit von Maria Theresia beginnende "Jugendfürsorge" ist weitgehend mit der Errichtung weiterer Arbeitshäuser gleichzusetzen. Sie betonte die Notwendigkeit der frühen Arbeitsgewöhnung der Kinder. Manufakturen wurden oft bewusst in der Nähe von Waisenhäusern errichtet, um billige Kinderarbeitskräfte in Reichweite zu haben. Im Sinn der "Erziehung zur Arbeit" wurden lange Arbeitszeiten durchgesetzt. Staatlicherseits sollte auf diese Weise der "Faulheit" gesellschaftlicher Randgruppen begegnet und einem politischem Engagement der Betroffenen entgegenwirkt werden.

 

1786 unter Kaiser Joseph II. wurde gar explizit festgestellt, dass in Fabriken und Manufakturen beschäftigte Kinder jeden Alters - Untergrenzen waren keine vorgesehen - von der Schulpflicht befreit sind und nach Möglichkeit im Anschluss an ihren Arbeitstag zeitlich und inhaltlich beschränkten Abendunterricht erhalten sollten.

 

Das 19. Jahrhundert mit seiner einsetzenden Industrialisierung führte zur weiteren Intensivierung der Kinderarbeit. Es entwickelte sich ein unmenschlicher Kreislauf. Das hohe Arbeitskräfteangebot drückte das allgemeine Lohnniveau, die daraus resultierende Armut und der Kinderreichtum der lohnabhängigen Bevölkerungsschichten mündete in einem noch höheren Arbeitskräfteangebot.

Erst 1842 kam es erstmals zu Arbeitsverboten für Kinder, die Gewerbeordnung 1859 schränkte auch die Beschäftigung Jugendlicher ein. Die Praxis hinkte den gesetzlichen Regelungen jedoch um Jahrzehnte hinterher und wurde oft genug umgangen.

 

Das erste Schulgebäude

1788 wurde, um die Schulbesuchsquote zu heben, beschlossen, die Allerärmsten von der Bezahlung des Schulgeldes zu befreien. In den Gemeinden unseres Bezirkes fielen etwa 60% der Familien in diese Kategorie. Im gleichen Jahr wurde die Schule in der heutigen Kellinggasse geschlossen.

Allerdings wurde nun einem schon Jahre zurückliegenden Ansuchen der fünf Gemeinden auf dem Gebiet des heutigen 15. Bezirks (Fünfhaus, Sechshaus, Braunhirschen, Reindorf und Rustendorf) auf Schaffung einer gemeinsamen Pfarrschule entsprochen. Diese nahm 1789 ihren Betrieb auf. Gleichzeitig wurde auch die Schule in der Clementinengasse aufgelassen.

Da das neu errichtete Schulhaus in der heutigen Oelweingasse 1 (an Stelle des heutigen Gasthauses Quell) erst 1790 fertiggestellt wurde, war sie vorerst noch in der zweieinhalb Zimmer großen Dienstwohnung des ersten Schulleiters Andreas Bauer untergebracht.

 

Aus den Schulgeldern, die er eintreiben musste, erhielt der Lehrer 13 Kreuzer täglich als Gehalt. Er war außerdem verpflichtet, als Mesner in der Reindorfer-Pfarrkirche zu arbeiten, wofür er jährlich mit weiteren 40 Gulden entlohnt wurde.

 

Im Eröffnungsjahr waren 181 Kinder aus den fünf Gemeinden schulpflichtig. Nur etwa die Hälfte von ihnen besuchte die Schule regelmäßig, da sich die Behörden um die Einhaltung der Schulpflicht wenig kümmerten. Sie folgten damit wohl der Auffassung der "Studien-Revisions-Commission" der Regierung, die unter dem Eindruck der Französischen Revolution 1795 erklärte, ein "Übermaß an Geistesbildung" sei die "Ursache des Eigendünkels", der "das Landvolk zur Unzufriedenheit reizt" und "die ganze politische Welt in Brand zu stecken droht".

 

1808 wurde das Schulgeld auf drei Kreuzer verdreifacht. Der Lehrer erhielt nun zusätzlich zu Winterbeginn 40 Kreuzer Holzgeld und sieben Kubikmeter weiches Holz, das er sich von einem Lagerplatz in Hütteldorf holen musste.

Nach dem Tod Andreas Bauers im Jahre 1800 wurde Franz Hagen als Lehrer angestellt, 1814 folgte ihm Kaspar Kraft. Während seiner Dienstzeit wurde im Jahr 1819 in der Reindorfer Pfarrschule eine Abendschule für erwerbstätige Kinder geschaffen, deren Unterricht sich auf eine Stunde pro Tag beschränkte.

Nach dessen Tod 1822 bewarben sich 150 Personen für die ausgeschriebene Stelle, ein Beweis für die große Arbeitslosigkeit unter den Lehrern. Johann Kratzl wurde schließlich ausgewählt.

 

Während dessen Amtszeit wurde auch der Neubau des Schulgebäudes in Angriff genommen. Das Gebäude in der Oelweingasse 1 erwies sich als baufällig und vor allem als zu klein, da die Zahl der schulpflichtigen Kinder aufgrund des rasanten Bevölkerungswachstums auf 1.200 angestiegen war. Daher wurde beschlossen, die Schule um einen Neubau in der Oelweingasse 7 zu ergänzen. Während der Bauarbeiten wurden die Schulklassen zeitweise in gemieteten Privatwohnungen untergebracht, bis das neue Gebäude, an dessen Stelle heute ein Gemeindebau steht, schließlich 1826 eröffnet werden konnte.

 

Gleichzeitig wurde der Bau weiterer Schulstandorte in Angriff genommen. 1827 konnte ein einstöckiger Schulneubau in der Herklotzgasse 21 in Fünfhaus eingeweiht werden, 1828 folgte das erste eigene Schulgebäude von Sechshaus in der Storchengasse 21. Auch diese Schulen standen unter Aufsicht der katholischen Pfarre Reindorf.

 

Daneben etablierte sich bereits ab 1825 eine protestantische Schule in der Gebrüder-Lang-Gasse 15. Nachdem die protestantische Bevölkerung nicht sonderlich zahlreich war und sich weitgehend auf Industrielle bzw. leitende Angestellte beschränkte, versuchten viele Eltern ihre Kinder trotz katholischer Taufe in dieser unterzubringen, was seitens der katholischen Pfarre durchaus bekämpft wurde. Jedenfalls war diesem Schulstandort kein langes Schicksal beschieden. Als im Jahr 1849 in Gumpendorf eine protestantische Kirche eingeweiht werden konnte, wurde die Schule im darauffolgenden Jahr dorthin verlegt und besteht dort (Lutherplatz 1) bis heute.

 

Bis zur Revolution 1848 änderte sich am Schulsystem kaum etwas. So wurden etwa im Jahr 1845 in der Reindorfer Pfarrschule 912 Kinder in lediglich vier Klassen unterrichtet. Unter diesen Bedingungen war schulischer Wissenserwerb kaum bis gar nicht möglich, vielmehr erfüllte er maximal die Funktion der Disziplinierung der heranwachsenden Staatsbürger*innen.

 

Diese Mängel erwiesen sich als immer drückender. Die sich entwickelnde Industrie benötigte Arbeitskräfte, die ordentlich lesen, schreiben und rechnen konnten, die also in der Grundschule für eine weitere Ausbildung zu Fachkräften vorbereitet werden.

 

Dies führte schließlich zu einem Ausbau des Schulwesens, der sich 1852 in der Gründung der ersten Trivialschule Rustendorfs in der Lehnergasse 4 niederschlug. 1853 erhielt Fünfhaus in der Viktoriagasse 2 einen zusätzlichen Schulstandort. In diesem Jahr wurde auch das Schulgeld für die Trivialschulen endgültig abgeschafft.

 

Volksschulen

Das Reichsvolksschulgesetz des Jahres 1869 trug der wirtschaftlichen Realität Rechnung. Aus primitiven Trivialschulen wurden Volksschulen, die Pflicht zum Schulbesuch wurde verstärkt durchgesetzt und auf acht Jahre ausgeweitet. Die Schulaufsicht den Pfarren entzogen und staatlichen Stellen überantwortet. Die räumlichen Voraussetzungen blieben allerdings lange unzureichend. Zwar wurden laufend neue Schuleröffnungen vorgenommen, diese hielten jedoch mehr schlecht als recht mit dem Bevölkerungswachstum schritt. So waren mehr als hundert Kinder in einer Klasse noch lange die Regel. Ein nachhaltiger Umschwung war erst nach der Eingemeindung der Vororte nach Wien im Jahr 1892 zu verzeichnen.

 

Parallel dazu wurde die Geschlechtertrennung im Elementarschulwesen sukzessive forciert. Sollten Knaben im Rahmen der schulischen Erziehung vorwiegend auf ihre zukünftige Rolle als Soldaten vorbereitet werden, nicht zuletzt da im Jahr 1868 auch die allgemeine Wehrpflicht eingeführt wurde, waren Mädchen zur Erfüllung ihrer häuslichen Pflichten zu erziehen. Ein im Angesicht der vor allem im urbanen Bereich weit verbreiteten Frauenerwerbstätigkeit vorwiegend politisch motiviertes Ansinnen, um die im Zuge der Industrialisierung ins Wanken gekommene Geschlechterordnung zu erneuern.

 

Dementsprechend wurde an Schulen in einem ersten Schritt die Klasseneinteilung nach Geschlechtern vorgenommen und in weiterer Folge oftmals jeweils eigene Schulstandorte geschaffen.

 

So wurden etwa beim ältesten Schulkomplex des Bezirks in der Reindorfer Oelweingasse die Mädchen im Gebäude Oelweingasse 1 unterrichtet, während die Knaben auf Nummer 7 untergebracht waren.

 

Ab 1894 wurden zogen beide Standorte in die Dadlergasse (die Knaben auf Nummer 9, die Mädchen auf Nummer 16). Die Schule in der Lehnergasse 4 wurde 1903 in die Kauergasse 3 (Knaben) und 5 (Mädchen) verlegt. Auch in der damals noch zu Penzing gehörenden Siebeneichengasse 17 wurde 1883 eine Volksschule errichtet, die 1907 um einen fortan von den Knaben genutzten Neubau in der Siebeneichengasse 15 ergänzt wurde.

 

In Sechshaus übersiedelte die in der Storchengasse 21 gelegene Schule bereits 1870 in den Neubau Kellinggasse 7. 1898 eröffnete ein weiterer Standort in der Ortnergasse 4 und ab 1911 war im neu errichteten Schulkomplex Diefenbachgasse 13-19 nicht nur eine Bürgerschule und das bis heute bestehende Realgymnasium, sondern auch eine Volksschule untergebracht.

 

In Fünfhaus war der Schulstandort in der Viktoriagasse 2  bis 1906 in Betrieb und übersiedelte dann in die neuen Gebäude Sperrgasse 8-10 (Knaben) und Viktoriagasse 6 (Mädchen). Die Schule in der Herklotzgasse 21 erhielt im Jahr 1869 zwei weitere Stockwerke. Die Knaben übersiedelten jedoch bereits 1881 in die neue Volksschule Talgasse 2. 1907 folgten die Mädchen mit dem Umzug in den Neubau Friesgasse 10.

 

Nach Eröffnung des Westbahnhofs, wurde auch der bis dahin unverbaute Bezirksteil zwischen Westbahntrasse und der Gablenzgasse rasch besiedelt. Dementsprechend wurde im Fünfhauser Teil dieses Gebiets 1870 eine Notschule im Privathaus Zinckgasse 3 eingerichtet bis 1872 das Schulgebäude Hackengasse 13 eröffnet wurde.

 

Bereits 1875 folgte eine zuvor notdürftig in der Märzstraße 48 untergebrachte Volksschule in der Stättermayergasse 27 (Mädchen) und 29 (Knaben), die bereits 1884 erweitert werden musste. 1881 folgte die Hackengasse 11 (Knaben), 1894 die Zinckgasse 12-14 (Mädchen) in der ab 1895 auch die erste Volksschule für Taubstumme Wiens untergebracht war und 1909 die Goldschlagstraße 14-16 (Knaben).

 

Auf dem zu Rudolfsheim gehörenden Teilen nördlich der Westbahn wurde 1880 eine Volksschule in der Goldschlagstraße 108 errichtet. 1901 übersiedelten die Knaben in den Neubau Goldschlagstraße 113, während die Mädchen in der alten Schule blieben. 1890 wurde die Schule in der Selzergasse 19 (Knaben) gebaut, der 1893 die Kröllgasse 20 (Mädchen) und 1899 die Märzstraße 70 (Knaben) und 72 (Mädchen) folgten. 1908 wurden schließlich die Knabenvolksschule Meiselstraße 19 und die Mädchenvolksschule Johnstraße 40 fertiggestellt.

 

Abschluss und Höhepunkt der Schulbautätigkeit vor dem Ersten Weltkrieg war der imposante Block Schweglerstraße/Felberstraße/Benedikt Schellinger-Gasse, der 1913 eingeweiht wurde.

 

In der Zwischenkriegszeit wurde in der Stättermayergasse 29 und in der Sperrgasse 8-10 öffentliche Volksschulklassen mit tschechischer Unterrichtssprache eingerichtet. Mehr als 8000 Bewohner*innen von Rudolfsheim und Fünfhaus gaben damals Tschechisch als Umgangssprache an. Diese Klassen wurden allerdings während der NS-Herrschaft geschlossen und nach der Befreiung 1945 nicht mehr in Betrieb genommen.

 

1975 kommt es schließlich zur endgültigen Aufhebung der Geschlechtertrennung im Bildungswesen. Knaben und Mädchen drücken von nun an wieder gemeinsam die Schulbank. Auch die Lehrpläne werden in den darauffolgenden Jahrzehnten sukzessive angeglichen.

Weiterführende Schulen

Die erste Schule in unserem Bezirk, deren Niveau über die Trivialschule hinausreichte, war eine Privatschule. Franz Tobisch erhielt 1849 durch einen Erlass des ”hohen Unterrichtsministeriums” die Erlaubnis zur ”Haltung einer Bürgerschule”. Noch im selben Jahr eröffnete er sie im Haus Arnsteingasse 14/Herklotzgasse 39. Sie bestand bis 1869, als eine öffentlich Bürgerschule eingerichtet wurde (siehe unten).

 

Die Unterrichtsfächer waren:

 

  •  Religion
  •  Rechnen
  •  Geometrie
  •  Physik
  •  Naturgeschichte,
  •  Sprachlehre
  •  Dictandoschreiben
  •  Schönschreiben
  •  Italienisch
  •  Zeichnen

Neben der Bürgerschule richtete Tobisch im selben Gebäude auch eine Handlungsschule ein. In dieser wurden Handlungslehrlinge an Sonntagen in Religion, Deutsch und kaufmännischem Rechnen unterrichtet, außerdem konnte als Freigegenstand Italienisch erlernt werden.

 

1863 wurde in der Lehnergasse 4 die erste öffentliche Schule errichtet, die über die Trivialschule hinausreichte. Außer Schreiben, Lesen und Rechnen wurden Natur- und Vaterlandskunde, sowie Gesang und Zeichnen unterrichtet.

 

1867 eröffnete eine weitere weiterführende Schule für Mädchen, die vom katholischen Orden der Armen Schulschwestern erhalten wurde und den Grundstein für das heutige Schulzentrum Friesgasse legte.

 

Mit der gesetzlichen Neuordnung des Bildungswesens 1869 wurde der neue Typ der Bürgerschule gesetzlich vereinheitlicht und entsprach fortan in etwa den heutigen Mittelschulen. Die Gemeinde Rudolfsheim gründete noch im gleichen Jahr in einem Gebäude neben dem Gemeindehaus in der Dadlergasse 9 eine solche Schule, als erste Gemeinde Niederösterreichs außerhalb von Wien. Für ihren Besuch musste allerdings das recht beachtliche Schulgeld von einem bis 1,50 Gulden monatlich entrichtet werden. Dementsprechend niedrig war die Zahl der Schüler*innen.

 

Bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs kam es zu zahlreichen weiteren Neueröffnungen von Bürgerschulen, die schließlich 1927 in Hauptschulen umbenannt wurden. Diese verfügten teilweise über eigene Gebäude oder waren an Volksschulstandorten angeschlossen.

 

  • 1884: Dadlergasse 16 (Umzug der Mädchen aus der Dadlergasse 9)
  • 1886: Friedrichsplatz 4 (für Knaben) und Friedrichsplatz 5 (für Mädchen)
  • 1894: Heinickegasse 5 (Neuer Standort der beiden Bürgerschulen in der Dadlergasse)
  • 1894: Zinckgasse 12-14 (für Mädchen)
  • 1902: Sechshauserstraße 71 (Umzug der Knaben aus der Heinickegasse)
  • 1909: Goldschlagstraße 14-16 (für Knaben)
  • 1911: Diefenbachgasse 13-19 (Knaben und Mädchen)
  • 1913: Benedikt-Schellinger-Gasse 1-3 (für Mädchen)
  • 1913: Schweglerstraße 2-4 (für Knaben)

 

Im Jahr 1914 gab es in den Volks- und Bürgerschulen der damals noch selbständigen Bezirke Rudolfsheim und Fünfhaus insgesamt fast 18.000 Schüler*innen. Seither hat sich diese Zahl aufgrund der sinkenden Einwohner*innenzahl und des Geburtenrückganges deutlich verringert.

 

Im Schuljahr 2018/2019 besuchten 4.434 Schüler*innen die Volks-, Mittel-, Sonder- und Polytechnischen Schulen unseres Bezirks. In Anpassung an diese Entwicklung wurden viele Schulgebäude für andere Verwendungszwecke umgebaut oder durch Neubauten ersetzt.

Höhere Schulen

Die erste höhere Schule im Bezirk war eine 1860 in Rudolfsheim gegründete private Unterrealschule, die bereits zwei Jahre später mangels Nachfrage wieder geschlossen wurde.

 

1867 beantragte die Gemeinde Rudolfsheim erfolglos die Errichtung einer staatlichen Oberrealschule. 1871 wurde ein neuer Vorstoß unternommen. In einer Gedenkschrift beantragten die Gemeinden unseres Bezirks beim Ministerium für Cultus und Unterricht die Errichtung einer Realschule, mitsamt einer Fachschule für Textilfärber und -drucker.

 

Die Gemeinden erklärten 100.000 Gulden für den Schulbau beizusteuern. Daraufhin verkündete das Ministerium, dass “auf Grund der mit Allerhöchster Entschließung vom 15. Februar 1872 allergnädigst ertheilten Ermächtigung” der Schulgründung nichts mehr im Wege stehe.

 

Die Situation wird 1873 im ersten Jahresbericht der Schule geschildert:

 

“Der Gerichtsbezirk Sechshaus umfasst die Gemeinden: Fünf- und Sechshaus, Rudolfsheim, Gaudenzdorf, Ober- und Untermeidling; seine Einwohnerzahl wird in nicht gar langer Zeit hunderttausend erreichen. Im Jahre 1871 bestanden in diesem Bezirk sieben Volksschulen mit 74 Klassen, welche von 8300 Schülern besucht wurden; ferner waren hier um jene Zeit eine für acht Jahrgänge berechnete Bürgerschule, 15 gewerbliche vorbereitende Classen und eine gewerbliche Fortbildungsschule - es fehlte jedoch in diesem reich und dichtbevölkerten, industriell und mercantil bedeutenden Bezirke eine Mittelschule. Die k.k. Ober-Realschule am Schottenfeld und die Communal-Unter-Realschule zu Gumpendorf konnten diesem Mangel nur wenig abhelfen, weil sie einerseits zu entfernt von den Ortschaften des Gerichtsbezirkes Sechshaus liegen, und andererseits von ihrer eigenen, nächsten Umgebung hoch in Anspruch genommen sind.”

 

Es dauerte allerdings noch fünf Jahre, bis die Realschule ihr eigenes Gebäude am Henriettenplatz beziehen konnte. Bis dahin war sie provisorisch im Volksschulgebäude Oelweingasse 7 untergebracht, wo die Schule am 12. Oktober 1872 eröffnet wurde. Bis zur Übersiedlung auf den Henriettenplatz musste sie jedoch wegen Platzmangels auf die vier Klassen der Unterstufe beschränkt bleiben, dann erst konnte jährlich um eine Stufe aufgestockt werden, bis zur 7. Klasse, die damals die Maturaklasse war.

 

Der “Normal-Lehrplan für Realschulen in Niederösterreich” sah folgendermaßen aus:

 

  • Religion (nur von der 1. bis zur 4. Stufe, jeweils 2 Stunden pro Woche)
  • Deutsch
  • Französisch
  • Englisch (erst ab der 5. Stufe)
  • Geographie (von der 1. bis zur 4. Stufe)
  • Geschichte (ab der 2. Stufe)
  • Mathematik
  • Naturgeschichte (nur in der 1. und der 2. Stufe und wieder ab der 5. Stufe)
  • Physik (in der 3. und 4. Stufe und wieder in der 6. und 7. Stufe)
  • Chemie (von der 4. bis zur 6. Stufe)
  • Geometrisch Zeichnen (ab der 2. Stufe)
  • Freihändig Zeichen
  • Schreiben (1. und 2. Stufe)
  • Turnen (2 Stunden pro Woche)

 

Am Beginn unseres Jahrhunderts wurde auch ein Realgymnasium eingerichtet, das zuerst provisorisch in der Volksschule Kauergasse 2 untergebracht war und 1911 in die Diefenbachgasse 15-19 übersiedelte, sich allerdings vorerst mit dem obersten Stock begnügen musste, weil in den anderen Räumen eine Volks- und Bürgerschule untergebracht war.

 

Bis zur Errichtung der Republik nach dem ersten Weltkrieg blieb der Besuch dieser Schulen Mädchen verwehrt. Sie konnten an diesen zwar bis 1872 als Externistinnen die Matura ablegen, diese qualifizierte sie allerdings erst ab der Jahrhundertwende schrittweise zum Besuch einer Hochschule oder Universität.

 

Stattdessen wurde für Töchter vorwiegend wohlhabenderer Familien eigene Töchterschulen, denen meist auch ein Mädchenpensionat angeschlossen war. Vermutlich in den 1860er-Jahren begründete die spätere Schriftstellerin Rosa Gottlob solch eine Schule auf dem Gebiet des heutigen 15. Bezirks, gab sie allerdings nach ihrer Hochzeit mit Dr. Sigmund Barach bald wieder auf.

 

Ab 1919 wurden auch Mädchen als reguläre Schülerinnen an Realschulen und Gymnasien zugelassen, woraufhin ihr Anteil an diesen Schulen bald ein Drittel ausmachte. 1932 wurde darüber hinaus im heutigen Schulzentrum Friesgasse ein privates Realgymnasium für Mädchen gegründet.

 

Während der Herrschaft des Ständestaat und des NS-Regimes wurde die Geschlechtertrennung an höheren Schulen erneut forciert.

 

Der Zweite Weltkrieg brachte für alle Schulen, besonders aber für die höheren Schulen, große Einschränkungen des Schulbetriebs mit sich. Schulen wurden zusammengelegt, um Gebäude für die Errichtung von Lazaretten freizubekommen.

 

Die im 15. Bezirk bestehenden höheren Schulen wurden auf dem Henriettenplatz zusammengezogen. Unterricht war abwechselnd am Vormittag und am Nachmittag. 1943/44 wurden die 8. Klassen geschlossen, weil alle Schüler eingerückt waren.

 

Im Sommer 1944 wurden die Schüler der 5. und 6. Klassen als Flakhelfer eingezogen, die älteren mussten einrücken. Kinder bis zur 4. Klasse wurden in der Regel im Rahmen der „Kinderlandverschickung“ aus Wien weggebracht und in Lagern von Lehrpersonal und NS-Funktionären beaufsichtigt.

 

Zu Weihnachten 1944 wurden alle Schulen geschlossen. Erst nach Kriegsende im Juli 1945 konnte der Unterricht wieder aufgenommen werden.

 

Nach dem Krieg ermöglichte das Gymnasium für Berufstätige am Henriettenplatz Erwachsenen, im Abendunterricht neben ihrer beruflichen Tätigkeit, die Maturareife zu erlangen. Sie wurde von der Arbeiterkammer als “Arbeitermittelschule” gegründet, befand sich von 1947 bis 2014 am Henriettenplatz und zog dann in die Brünner Straße 72 nach Floridsdorf.

 

Ebenso wurde auf der Schmelz ein weiteres öffentliches Gymnasium errichtet, außerdem befindet sich in der Rauchfangkehrergasse 34 seit 1999 das Islamische Realgymnasium Wien.

Berufsschulen

Im Schuljahr 1926/27 wurde in der Zweiten Zentralberufsschule Wiens in der Hütteldorferstraße 7-17 der Unterricht aufgenommen. In einer schwierigen Zeit war eines der größten Schulbauprojekte in der Geschichte Wiens begonnen und abgeschlossen worden.

 

Mittlerweile haben weit mehr als 100.000 Schüler*innen diese Schule besucht. Auf einer Fläche von 13.000 Quadratmetern wurden 8.000 Quadratmeter verbaut, die Pläne stammten von den Architekten Josef Hofbauer und Wilhelm Baumgarten

Schulen in Rudolfsheim-Fünfhaus

Stand: 2021

Volksschulen

  • Benedikt-Schellinger-Gasse 1-3
  • Friedrichsplatz 5
  • Friesgasse 4 (Privatschule der Schulschwestern Notre Dame)
  • Friesgasse 10 (Oskar-Spiel-Schule)
  • Gasgasse 6 (Lerngemeinschaft 15 – integrierte Volks- und Mittelschule)
  • Goldschlagstraße 14-16
  • Johnstraße 40
  • Ortnergasse 4
  • Reichsapfelgasse 30
  • Selzergasse 19
  • Mittelschulen
  • Friesgasse 4 (Privatschule der Schulschwestern Notre Dame)
  • Gasgasse 6 (Lerngemeinschaft 15 – integrierte Volks- und Mittelschule)
  • Gebrüder-Lang-Gasse 4 (Privatschule des Schulvereins De La Salle)
  • Kauergasse 3-5
  • Schweglerstraße 2-4
  • Sechshauserstraße 71
  • Selzergasse 25

Sonderschulen

  • Huglgasse 1-3 (Schulkompetenzzentrum für Prävention, Inklusion und Rehabilitation + Heilstättenschule Wien - Schule im Spital, Pädagogik bei Krankheit)
  • Kröllgasse 20 (Inklusives Schulzentrum für sehbehinderte Kinder)
  • Zinckgasse 12-16 (Inklusives Schulzentrum)

Polytechnische Lehrgänge

  • Benedikt-Schellinger-Gasse 1-3

Allgemeinbildende Höhere Schulen

  • Auf der Schmelz 4 (Gymnasium + Realgymnasium mit naturwissenschaftlichem oder wirtschaftskundlichem Schwerpunkt)
  • Diefenbachgasse 19 (Gymnasium + Realgymnasium)
  • Friesgasse 4 (Privates Gymnasium + Realgymnasium der Schulschwestern Notre Dame)
  • Henriettenplatz 6 (Realgymnasium + Oberstufenrealgymnasium mit den Schwerpunkten Medien, Naturwissenschaften sowie Europa und Sprachen)
  • Rauchfangkehrergasse 34 (Privates Islamisches Realgymnasium)

Berufsschulen

  • Hütteldorferstraße 7-17 (Für Chemie, Grafik und gestaltende Berufe, bzw. Holz, Klang, Farbe und Lack sowie Handel und Reisen)
  • Meiselstraße 19 (Für Bürokaufleute)

Postsekundäre Bildungseinrichtungen

  • Auf der Schmelz 6 (Bundessportakademie)
  • Nobilegasse 23-25 (Privatkonservatorium VMI – Vienna Music Institute)

Berufsbildende Schule

  • Friesgasse 4 (Private Handelsschule mit Handelsakademie-Aufbaulehrgang der Schulschwestern Notre Dame)

 

Bearbeitet von Mag. Thomas Reithmayer