Viele Jahrhunderte hindurch war die Landschaft des heutigen 15. Gemeindebezirkes von Weingärten geprägt. Auf den von der Schmelz zum Wienfluss abfallenden Südhängen wurde Wein angebaut.
Kleine Gruppen von Winzer- und Gärtnerhäusern gaben auch den ersten Siedlungen ihre Namen: die fünf Häuser im Gebiet der heutigen Clementinengasse wurden "Fünfhaus" genannt, eine weitere Häusergruppe nahe dem Linienwall - dem späteren Gürtel - "Sechshaus", und in der Nähe des Schwendermarktes gab es ursprünglich noch eine Ansiedlung Namens "Dreihaus".
Älter sind allerdings die Dörfer Reindorf und Rustendorf, die bis ins Mittelalter zurückreichen. Die Weingärten, Felder und Wiesen, mit denen dieses Gebiet bedeckt war, wurde von den BewohnerInnen der nächstgelegenen Vorstädte, insbesondere Gumpendorf, benutzt.
Zwei Ereignisse waren für die Vororte allgemein und für das Rudolfsheimer Gebiet im besonderen, von großer Bedeutung:
Nach der endgültigen Befreiung von der Jahrhunderte dauernden Türkengefahr im Jahre 1683, griff die bauliche Expansion Wiens bald weit über das Areal der alten Vorstädte hinaus.
1696 wurde mit der völligen Neugestaltung Schönbrunns nach den Plänen von Johann Bernhard Fischer von Erlach begonnen. Dies war für das zu dieser Zeit noch völlig unbebaute Land in weiterer Folge von großer Bedeutung. Maria Theresia machte Schönbrunn zu ihrer Sommerresidenz und zum Mittelpunkt des höfischen Lebens. Dies regte viele Adelige aus dienstlichen oder sonstigen Gründen zur Nachahmung an. Sie ließen Landhäuser mit prächtigen Gartenanlagen erbauen (z.b. Arnsteingründe)
Die Linzer Poststraße wurde unumstritten zur wichtigsten Verkehrsader der Gegend, da sie den direkten Weg der Stadt nach Schönbrunn bot. Sie führte durch das Mariahilfer-Stadttor entlang der heutigen Mariahilferstraße über Schönbrunn bis nach Linz. Die Folge war die Entstehung von Gaststätten zur Versorgung der Reisenden entlang der Straße. Auch Fuhrwerkunternehmen siedelten sich an. Dies löste erste Siedlungsimpulse aus
Der Bau des Linienwalls wurde unter Leopold I. im Jahre 1704 begonnen. Seine Errichtung wurde ihm von einer Hofkommission aus Verteidigungsgründen empfohlen. Als treibende Kraft wird im allgemeinen Prinz Eugen gesehen. Unmittelbarer Anlass war die Bedrohung durch die Ungarn unter Franz II. Racozy. Alle Einwohner der Stadt zwischen 18 und 60 Jahren mussten Schanzarbeit verrichten oder zumindest einen Stellvertreter stellen
Für die bauliche Entwicklung Wiens, insbesondere der direkt am Linienwall gelegenen Vororte wie Rudolfsheim, war folgender Erlass von großer Wichtigkeit. Es bestand ein Bauverbot, das sich über 12 Klafter (=23 Meter) innerhalb des Walls und 100 Klafter (=190 Meter) außerhalb des Walls erstreckte. Die Folge war eine scharfe baulich Trennung zwischen Vororten und den 1850 eingemeindeten Vorstädten.
Im Zusammenhang mit dem Bau des Linienwalls entstand auch der erste Plan des heutigen 15.Bezirkes. Er wurde im Jahre 1706 von Jakob Marinoni und Leander Anguissola gezeichnet. Marinoni (Hofmathematiker und Astronom) war von Prinz Eugen mit den Entwürfen zum Bau des Linienwalls beauftragt worden. Im Zuge dieser Aufgabe sollte er mit Anguissola, dem kaiserlichen Hofkarthographen, den Grundriss von Großwien erstellen, der auch weite Gebiete außerhalb der Linie beinhaltete. Dieser Plan von 1706 ist schon in den Heimatbüchern von ECHSEL (1888) und WEYRICH (1922) beinhaltet, doch die interessanteste Darstellung stammt von SPIESBERGER (1964), der den alten Plan dem heutigen Straßenraster zuordnet. Er zeigt sehr gut, die zu dieser Zeit vorherrschende spärliche Besiedlung.
Reindorf, Rustendorf, Braunhirschen, Sechshaus, Fünfhaus
Die Anfänge
Die älteste nachgewiesene Siedlung auf dem Boden des heutigen 15.Bezirkes war Meinhartsdorf (Meinhartsdorfer Gasse), das vermutlich im Bereich zwischen Pfeiffergasse und Storchengasse lag.
In einem Dokument aus dem Jahre 1178 überlässt Uodalricus de valchinstein (Ulrich von Falkenstein), ein Beamter Leopold des Tugendhaften, da er kinderlos war, sein Gut meinhardisdorf juxta murlingen (Meinhartsdorf bei Meidling), für sein Seelenheil dem Stift Klosterneuburg. Er bekam dafür als Altersversorgung 70 Talente (ein Schwein kostete damals ein halbes Talent).
Der Ortsname taucht auch schon in früheren Urkunden auf, erstmals 1150 im Klosterneuburger Stiftungsbuch. Es ist nicht eindeutig nachweisbar, dass es sich dabei um Meinhartsdorf am Wienfluss handelt, da es in Niederösterreich mehrere Orte dieses Namens gab. Eindeutig ist erst das Dokument von 1178 durch die Beifügung "juxta murlingen".
Im Jahre 1404 wird Meinhartsdorf zum letzten Mal urkundlich erwähnt. HistorikerInnen vermuten, dass der Ort bei der Eroberung des Gebietes durch den ungarischen König Matthias Corvinus 1485 zerstört wurde. Der letzte Rest (der zentral gelegene Hof) wurde vermutlich von den Türken 1529 zerstört.
Über das weitere Schicksal des Gebietes, auf dem Meinhartsdorf lag, ist für längere Zeit nichts bekannt. Aus Dokumenten erfährt man, dass hier zumindest zeitweise ebenso wie in anderen Teilen des jetzigen 15.Bezirkes, vor allem auf der Schmelz, Äcker und Weingärten bestanden. Die Frauen und Männer, die diese Äcker und Weingärten bearbeiten mussten waren vermutlich völlig rechtlose LandarbeiterInnen, die in primitivsten Lebensverhältnissen und Behausungen vegetierten.
Genannt werden meist Flurnamen in kirchlichem Besitz. Die Barnabiten und die Schotten waren zeitweise Grundeigentümer der späteren Orte Fünfhaus und Sechshaus.
Die kleinen Orte im Bereich des heutigen 15. Bezirkes wurden höchstwahrscheinlich während des zweiten Türkensturms auf Wien im Jahre 1683 zerstört.
In der folgenden Zeit entstanden, zum Teil durch den Wiederaufbau der zerstörten Siedlungen, fünf Dörfer: Rustendorf, Braunhirschengrund und Reindorf (die sich 1863 zu Rudolfsheim zusammenschlossen), sowie Sechshaus und Fünfhaus.
Fünf Dörfer
Bereits in der Mitte des 14. Jahrhunderts wird von der Acker-und Weingartenried "in der Ried" gesprochen. 1344 hat Berthold Poll die Gründe im Gebiet „in der Rein“ käuflich erworben. Der Name Reindorf wird um 1411 erstmals erwähnt (als "Rhein" wurden Acker-oder Weinbaugründe bezeichnet, die in Mulden lagen). Diese mittelalterliche Siedlung wurde aber vermutlich durch Überschwemmungen und feindliche Einfälle wieder vollkommen zerstört.
Eine weitere Bebauung lässt bis ins Jahr 1697 (ein Jahr nach Baubeginn von Schloss Schönbrunn) auf sich warten. Das wohl älteste neuzeitliche Bauwerk auf dem Boden des Bezirks war das Schloss des Barons Christoph von Plankenau am Beginn der äußeren Mariahilferstraße. Dem Anwesen angeschlossen waren drei Gärtnerhäuschen, die einfachheitshalber Dreihaus genannt wurden und sich später zu Braunhirschen vermehrten. Der Name Braunhirschen stammt von einem Gasthaus, das am Ende des 18. Jahrhunderts so populär geworden war, dass es der Ortschaft schlussendlich den Namen gab. Auf dem Plan von Marinoni (1706) ist der Landsitz schon verzeichnet.
Im Gebiet östlich der Plankenau'schen Gründe kann man auch drei Winzerhäuschen erkennen. Um 1711 waren es schließlich schon fünf Häuser. Die Gegend wurde dann Fünfhaus genannt. Diese Häuser befanden in der Gegend der heutigen Clementinengasse. Weiters sind auf dem Plan noch die fünf Häuser an der heutigen Sechshauserstraße zu sehen. Die Keimzelle der späteren Ortschaft Sechshaus.
Nach Walter Hofer (Diplomarbeit 1991) handelte es dabei um die natürliche Wachstumsspitze der Gumpendorferstraße, die durch den Bau des Linienwalls (1704) abgetrennt wurde. Anfang der 1770er Jahre gab es folgenden Häuserstand: Reindorf: 52, Rustendorf: 7, Braunhirschen: 16.
In Rustendorf, nördlich der Mariahilfer Straße gelegen, gab es viele Gasthäusern, die an der wichtigen Ausfahrtsstraße (früher u.a. Schönbrunner Straße) lagen.
Diese trugen Namen, die jahrzehntelang einen großen Bekanntheitsgrad hatten: Zum Reichsapfel (Reichsapfelgasse), Zur Goldenen Sonne oder Zum Goldenen Mondschein (Mondscheingasse, später Schmelzgasse, dann Lehnergasse). Da auch südlich der Mariahilferstraße, in Braunhirschen, eine große Zahl von Einkehrhöfen existierte, wurde in Wien sogar von einer Wirtshauskolonie gesprochen.
Die Schmelz, das riesige Areal nördlich der Mariahilfer Straße bis nach Ottakring-Neulerchenfeld, blieb bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts gänzlich unbesiedelt und diente ab 1847 als Exerzierplatz. Erst 1911 gab das Militär zehn Hektar (etwa ein Fünftel des gesamten Geländes) zur Verbauung frei. Im Oktober desselben Jahres wurde mit den Grundaushebungen des ersten Hauses, Hütteldorfer Straße 74, begonnen. Ab 1912 und vor allem nach dem ersten Weltkrieg wurden die Häuser gebaut, die heute das "Nibelungenviertel" bilden (viele Straßen, Gassen und Plätze sind hier nach Gestalten des Nibelungenliedes benannt).
Erst mit der beginnenden Industrialisierung verloren diese Wiener Vororte ihren landwirtschaftlichen Charakter. Ein kleines Industriezentrum entstand in der Gegend, wo sich heute das Amtshaus des Bezirks (Gasgasse/Rosinagasse/Leydoltgasse/Zwölfergasse) befindet. Schon zu Ende des 18. Jahrhunderts wurde hier eine Gewehrfabrik errichtet, die bald einige hundert Arbeiter*innen beschäftigte. Unmittelbar daneben entstand das "Fünfhauser Brauhaus" mit einem weitläufigen Gastgarten. Hier befand sich auch das erste Gaswerk Wiens, an das noch die Gasgasse erinnert.
Ein zweites Industriezentrum entwickelte sich entlang des Wienflusses, an dessen Ufern sich verschiedene Textilbetriebe, Bleichereien, Färbereien und Stoffdruckereien niederließen. Daneben siedelten sich zahlreiche Weber, Seidenzeugmacher und andere Handwerker an, denen das Leben in den alten Gewerbevorstädten Schottenfeld und Gumpendorf zu teuer geworden war.
Die Zeit von 1848 bis 1890 war in besonderer Weise prägend.
1848 wurde als Folge der revolutionären Ereignisse das Gemeindegesetz geschaffen, das die Grundherrschaft abschaffte und den Gemeinden einen selbständigen Status gab, Die Folgen, die sich daraus ergaben, waren vielfältig.
Von besonderer Bedeutung für den Bezirk war stets seine Lage an den Verkehrswegen, die von Wien nach Westen führten. Hier führte die alte Linzer Poststraße - die heutige Mariahilfer Straße - durch und seit Dezember 1858 endet hier auch die (k. k. privilegierte Kaiserin-Elisabeth-Bahn) die heutige Westbahn. Entlang der Felberstraße und der Mariahilfer Straße siedelten sich zahlreiche Einkehrgasthöfe und Hotels an.
Im 19. Jahrhundert war der spätere 15. Bezirk berühmt für seine großen Vergnügungslokale und Gastgärten. In "Schwenders Colosseum", beim "Zobel" oder im "Schwarzen Adler" fanden tausende Besucher*innen Platz, die sich bei Konzerten, Sommerfesten oder Maskenbällen amüsierten.
Die Bevölkerung wuchs rasch an, und aus den ehemaligen Weingärten wurde ein dicht bebautes Gebiet, das aber verwaltungsmäßig aus mehreren unabhängigen Gemeinden bestand. Drei von ihnen - Rustendorf, Reindorf und Braunhirschengrund (das frühere Dreihaus) schlossen sich 1863 zu einer Großgemeinde zusammen und gaben sich zu Ehren des Kronprinzen den Namen "Rudolfsheim".
Als im Jahre 1890 alle Vororte nach Wien eingemeindet wurden, bildeten Rudolfsheim und Sechshaus den 14.Bezirk, Fünfhaus konnte seine Selbständigkeit als 15.Bezirk behaupten. Dem setzte erst 1938 der Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland ein Ende: Rudolfsheim und Fünfhaus wurden zu einem Bezirk zusammengefasst.
Die Umwandlung von Kleinstdörfern zu vollintegrierten Teilen einer Zweimillionen-Weltstadt erfolgte innerhalb von nur 200 Jahren. Diese enorme Veränderung der Strukturen brachte natürlich auch zahlreiche Probleme mit sich.
Die großen Säle dieser Gaststätten dienten auch der Wiener Arbeiterbewegung, die sich ab 1867 zu formieren begann, als Orte für ihre Arbeitertage und Versammlungen. In "Schwenders Colosseum" wurde am 15.12.1867 auch der Erste Wiener Arbeiterbildungsverein gegründet.
In Zobels Bierhalle in Fünfhaus (auf den Gründen des heutigen Amtshauses) wurde am 29. August 1868 das erste Mal das Lied der Arbeit gesungen.
Am spätesten wurde das Gebiet der Schmelz verbaut. Bis zum Ersten Weltkrieg diente sie als Exerzierplatz, auf dem der Kaiser aus dem nahen Schönbrunn seine Truppen inspizierte.
1890 erfolgte der Beschluss der Eingemeindung der Vororte rund um Wien und zur Bildung der Bezirke 11-19.
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie nahm sie die Bevölkerung in ihren Besitz: Am Mareschplatz entstand eine der ersten Wohnsiedlungen des "Roten Wien", und die Genossenschaft "Zur frohen Zukunft" legte eine ausgedehnte Kleingartenkolonie an.
Nicht weit davon, zwischen Johnstraße und Wurmsergasse, entstand eines der interessantesten Wohnexperiment jener Zeit: der als Einküchenhaus geplante "Heimhof", dessen BewohnerInnen über eine gemeinsame Großküche versorgt wurden.
Am 15. Oktober 1938 wurden der 14. und der 15. Bezirk unter dem Namen "Fünfhaus" zusammengezogen und um die Häuserblöcke "Neupenzing" vergrößert.
Am 15. Februar 1957 wurde auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses der 15.Bezirk auf "Rudolfsheim-Fünfhaus" umbenannt. Sein Areal umfasst 374 ha.
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